
©Esther Strauß, einen Namen tragen, 2024
Am 27. Jänner 2019 postete der Lyriker Timo Brandt einen Text von Rajko Djurić. Djurić war Schriftsteller, Philosoph, Wissenschaftler und Roma-Aktivist. Sein Gedicht trägt den Titel geboren in Auschwitz, gestorben in Auschwitz. Darin listet Djurić die Namen von elf Kindern auf, die am selben Tag, an dem sie geboren wurden, ermordet worden sind: Else Rebstock, Herbert Weiss, Joseph Straus, Anton Gross, Helena Kosak, Julius Horvath, Friedrich Krause, Theresa Schubert, Paula Zelinek, Lore Nachel und Marie Blum.
Dieses Gedicht lässt die Performance-Künstlerin Esther Strauß nicht mehr los. Wie erinnert man an Kinder, denen ihr ganzes Leben genommen worden ist? Die vielleicht keine andere Spur in dieser Welt hinterlassen konnten, außer ihren Namen? Strauß beginnt zu recherchieren. Laut einem Eintrag im Hauptbuch des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz Birkenau wurde Marie Blum am 5. September 1943 in jenem Lagerabschnitt, in dem Rom*nja und Sinti*zze interniert waren, geboren. Dort wurde sie am dritten Tag ihres Lebens ermordet.
Um ein performatives Denkmal für Marie Blum zu entwickeln, legt Esther Strauß ihren eigenen Namen in einer rechtskräftigen Namensänderung ab, um ein Jahr lang den Namen Marie Blum zu tragen. Auch nach der Rückgabe von Marie Blums Namen am 27. Jänner 2021 wächst das Denkmal für sie weiter; in den letzten sechs Jahren entwickelt Strauß performative Texte, Fotografien und Installationen.